ÜBER WAHLEN UND HELDEN | TIAGO SANTOS | 25/09/2018

HomeÜBER WAHLEN UND HELDEN | TIAGO SANTOS | 25/09/2018

Die Geschichte ist bekannt: Odysseus, von den griechischen Helden derjenige, dessen Überlegenheit in seiner List und nicht in seiner körperlichen Stärke besteht, hat nach zehn Jahren der Belagerung Trojas die Idee mit dem hölzernen Pferd (Symbol des Gottes Apollo), das mit Soldaten gefüllt vor den Toren der Stadt zurückgelassen wird. Die Trojaner, die es für ein Geschenk des Sonnengottes halten, öffnen ihre Mauern für das Pferd und werden von den darin versteckten Soldaten der Koalition der griechischen Städte, mit denen sie sich im Krieg befinden, besiegt und ihre Stadt wird zerstört - soweit ist diese Geschichte im Epos der Ilias überliefert.

Nach der Zerstörung der Stadt macht sich unser Held, bewegt von der Erinnerung an seine Frau Penelope und seinen Sohn Telemachus, auf den Weg nach Hause - auf die Insel Ithaka, wo er König gewesen ist und die er wegen des Krieges vor mehr als zehn Jahren verlassen hat. Seine Rückreise auf dem Meer ist voller Abenteuer und Missgeschicke: von der Begegnung mit dem Riesen Polyphem (Zyklopensohn Poseidons) über die Beziehung zur Hexe Circe und den Freuden der Lotusblume bis hin zur Versuchung, den gefürchteten Gesang der Sirenen zu hören und dennoch zu überleben, womit das zweite epische Lied endet: Die Odyssee.

Die Figur des Helden ist in der westlichen mythischen Geschichtsvorstellung immer präsent: Hektor, Aeneas, Paris, Achilles, Herkules und Jason in der griechischen Mythologie, aber wir finden auch Beispiele wie das Gilgamesch-Epos in Mesopotamien, die Sagen über Thor in der nordischen und über Aladdin und Alibaba in der arabischen Geschichte, und sogar in der Maya-Mythologie gibt es die Zwillingshelden Hunahpu Eins und Hunahpu Sieben. Andere Helden wie Spartakus, Alexander, Moses, Julius Cäsar, Iwan, Kublai Khan und andere erlangten durch den tatsächlichen Verlauf der Geschichte eine mythische Bedeutung.

Mit der Figur des Helden verbindet sich immer die Vorstellung von völliger Erlösung, von sicherem Verhalten, von Handlungen im Namen moralischer und ethischer Werte. Aber kann der Held wirklich ein Monopol auf seine Verwandlung in einen Mythos haben? Schafft nicht erst die despotische Ausübung seiner Herrschaft den Mythos? Ist es nicht eher sehr antiheldisch, wenn die Besiegten zum Schweigen gebracht werden?

Während der homerischen Periode (12.-8. Jahrhundert v. Chr.) brachte im antiken Griechenland die Strukturierung der nichtjüdischen Gemeinschaften als Bildung einer neuen patriarchalischen und kollektiven Gesellschaft eine Figur des Helden hervor, jemand, der die Hoffnung verwirklicht und dabei sicher eines von zwei Zielen erreicht: die Rückkehr zu einer mythischen und glorreichen Vergangenheit (wenn auch mehr in der Erinnerung konstruiert als in der tatsächlichen historischen Verwirklichung) oder zu einer vielversprechenden Zukunft (die auch durch die Kontinuität von Elementen aus der Vergangenheit aufgeladen ist).

Mit dem Ende der homerischen Periode (8. Jh. v. Chr.) und der Zerstörung der Gens (nichtjüdische Gemeinschaften) entstand die Polis, das Zentrum des griechischen Lebens, das zumindest in Athen als Ort der praktischen politischen Erfahrung charakterisiert werden kann. Die Polis, die an sich nicht nur die Stadt umfasst, sondern auch das Umland, wird zum Ort der sozialen Sichtbarkeit, der Ausdruckskraft der Ideen und zur Wiege der Demokratie, die sich sehr stark auf die Philosophie und deren Dialektik stützt.

Im klassischen Athen (5. Jh. v. Chr.), das bereits nach dem Konzept der Demokratie (Demos: Volk; Kratos: Regierung) organisiert war, nahm die kollektive Partizipation so stark zu, dass diese Stadt als einziger Ort der klassischen Antike bezeichnet wurde, in der sich keinerlei Art von Despotismus mehr findet, wenn auch mit Mängeln behaftet, so doch aber immer demokratisch legitimiert.

Eine, trotz aller Restriktionen, direkte Demokratie, ermöglichte es, einen großen Teil der Bevölkerung einzubeziehen (freie Männer, die älter als 21 Jahre waren, ihren Militärdienst abgeleistet hatten und Kinder athenischer Eltern waren), und an den verschiedenen Machtbereichen teilhaben zu lassen, von der Ecclesia, der direkten gesetzgebenden Versammlung, bis zum Areopag, der juristischen Versammlung. Es ist sicher, dass die athenische Demokratie trotz des Ausschlusses großer Bevölkerungsgruppen aus dieser Rechtsordnung, wie der Sklaven, der Frauen, der Jungen unter 21 Jahren und der Ausländer in der Polis, direkt von jedem Bürger ausgeübt wurde, dem eine Mitwirkung zustand und damit nicht an jemanden übertragen war, der diese Partizipation in Vertretung übernahm, wie es zum Beispiel in unserer Demokratie in Brasilien und in einem großen Teil der westlichen Länder üblich ist.

In diesem Jahr feiern wir den 30. Jahrestag der Verkündung der Verfassung, die in den Kämpfen der Redemokratisierung entstanden ist und große Fortschritte im Hinblick auf die staatsbürgerlichen Rechte aufweist. Zu diesem sehr wichtigen Dokument sollten einige Überlegungen angestellt werden: Die verschiedenen Mechanismen zur Stärkung einer breiten Beteiligung der Bevölkerung wurden ausgebaut, Analphabeten erhielten zum ersten Mal das Wahlrecht und zivile Einrichtungen wurden gestärkt, was für den Prozess zur Beendigung des Militärregimes (1964-1985) sehr wichtig war.

Die kurze Geschichte unserer Demokratie, die erst 1985 begann, zeigt auch, dass es immer noch nicht gelungen ist, mit der Tradition des heldenhaften Retters in der brasilianischen Geschichte zu brechen, eine Figur, die wir immer kultiviert haben und von der wir uns wünschen, dass sie das Vaterland retten könne; derer gab es viele, von Tiradentes, den Monarchen Pedro I und Pedro II, den Generälen zu den Präsidenten Getúlio Vargas, Juscelino Kubitschek und Lula und nun zu anderen Präsidentschaftskandidaten, die, mit einem populistischen Diskurs, der keine demokratische Struktur aufweist und mit allgemeinen Begriffen ohne praktische Grundlage aufgeladen ist, Rettung versprechen, indem sie unser Heimatland in eine Vergangenheit der Ordnung führen, die es so nie gegeben hat, und das Dreigestirn Familie-Gott-Nation stärken, das wiederhergestellt wird, um eine Tradition aufrechtzuerhalten, die immer als ausschließend definiert wird.

Wie viel Zeit der Demokratie wird noch nötig sein, um die Vision zu korrigieren, dass Helden uns retten können, weil sie in der Lage sind, in diese chaotische Gegenwart gestaltend einzugreifen? Worauf wir uns stattdessen konzentrieren müssen, das ist die Stärkung der Institutionen und der demokratischen Praxis für ein gemeinsames und partizipatives Handeln der Bürgerinnen und Bürger, was die Verfassung garantiert.

Wie viele Jahre werden wir noch vergeblich hoffen, weil wir, anstatt das zu praktizieren, was uns als Staatsbürgerinnen und -bürger in unserer polis brasilis zusteht, nämlich unser Recht auf Handeln in die eigene Hand zu nehmen, lieber wieder opportunistisch auf die Wahl eines Helden hoffen, in diesem besonderen Fall mit dem erschwerenden Faktor, dass noch problematischere Zuschreibungen wie Mythos verwendet werden?

Siehe auch