DIE NEUE OBERSTUFE: EINIGE HERAUSFORDERUNGEN | ERIK HÖRNER | 16/08/2017

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Am 21. Juni nahm ich an einer Veranstaltung teil, die von der Vereinigung der Bildungsanbieter im Bundesstaat São Paulo (FEMESP) und dem Institut für Forschung und Bildungsverwaltung (IPAE) organisiert wurde. Neben der Prüfung des Gesetzes 13.415/2017, das die Oberstufe reformiert, zielte die Veranstaltung darauf ab, Arbeitsmöglichkeiten für die Umsetzung der Neuerungen vorzustellen.

Vorab sei gesagt, dass vieles von dem, was wir in diesem Zusammenhang erörtert haben, mit einer großen Portion Spekulation verbunden ist, da uns weder der vorgesehene Gesetzestext der Gemeinsamen Nationalen Curricularen Basis (BNCC) noch die Leitlinien oder Verordnungen der staatlichen Bildungsräte (CEE), die noch folgen werden, vorliegen. Darin liegt, so scheint mir, der Grund für einen Teil des Unbehagens derjenigen, die an diesen Treffen oder Symposien teilnehmen. Ich möchte daran erinnern, dass ich noch an keiner öffentlichen Veranstaltung zu diesem Thema teilgenommen habe, bei der nicht dieses und andere Gefühle geäußert wurden.

Was mir dieses Mal jedoch auffiel, war die Vielfalt der Schulen. Bei früheren Veranstaltungen hatte ich nur Kontakt zu mittelgroßen Schulen in privater Trägerschaft: Einrichtungen mit mindestens tausend Schülern und mehr als 200 Schülern in der Oberstufe und einem Stundenplan, der häufig bereits die Anforderungen des neuen Gesetzes erfüllt. Diesmal habe ich Schulen kennengelernt, in denen die letzte Stufe der Oberstufe nur von bestenfalls 100 Schülerinnen und Schülern besucht wird und die damit weit davon entfernt ist, das neue Stundenkontigent erfüllen zu können.

Diese kleinen privaten Schulen in weniger zentral gelegenen Stadtvierteln konkurrieren in der Regel mit den öffentlichen Schulen. Familien, die wegen der mangelhaften Ausbildung im staatlichen Schulsystem besorgt sind (in den meisten Fällen ist die Oberstufe überwiegend in staatlichen Schulen), investieren in eine private Ausbildung mit monatlichen Gebühren von 600 bis 900 R$. Bei der Reform scheint es nun zwei Szenarien zu geben:

1 - Investitionen in die öffentlichen Schulen machen sie attraktiv, weil sie über Ressourcen verfügen würden, die nicht in großem Maßstab von ihrer Rentabilität und der Notwendigkeit einer Beratung abhängen. Das staatliche Schulnetz könnte gelegentlich auftretende Defizite ausgleichen.

2 - Die Kosten der Reform für eine kleine Privatschule erfordern fatalerweise eine Erhöhung des Schulgeldes, was dazu führt, dass sich das Klientel verändert, welches sich im Wettbewerb der Schulen eine andere Nische sucht.

Das erste Szenario erscheint, offen gesagt, unwahrscheinlich. Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass das staatliche Netz (oder sogar das kommunale Netz) in der Lage ist, sich neu zu erfinden. Ich spreche hier für São Paulo, weil ich keinen Zugang zu Informationen habe, die auf eine Verbesserung in den letzten 20 Jahren hindeuten und die darauf hinweisen, dass in fünf Jahren, der Frist des neuen Gesetzes, eine effizientere Struktur als die derzeitige geschaffen werden kann.

Szenario zwei jedoch ist sehr wahrscheinlich und würde bedeuten, dass die Schülerinnen und Schüler dieser privaten Schulen zunächst in das öffentliche Schulsystem zurückkehren (das allerdings nicht dem Szenario 1 entspricht!) und möglicherweise die Zahl der Insolvenzen von Privatschulen steigt. Neben der Abwälzung der Kosten auf das monatliche Schulgeld werden diese kleinen Stadtteilschulen große Schwierigkeiten haben, die geforderten differenzierten Bildungswege anzubieten. Wie in dem Reformentwurf festgelegt, müssen die Bildungseinrichtungen das BNCC mit 60 % des verpflichtenden Angebots erfüllen, wobei die verbleibenden 40 % in fünf Bereiche aufgeteilt sind: Sprachen und Linguistik, Mathematik, Naturwissenschaften, angewandte Geistes- und Sozialwissenschaften und technische Ausbildung. Dasselbe Gesetz legt fest, dass nicht jede Schule alle Wege anbieten muss, so dass das, was eigentlich als Alternative erscheinen soll, zum Alptraum werden kann.

Obwohl der Gesetzestext und das Gesetz über Richtlinien und Grundlagen (LDB) Flexibilität zulassen, die wir im Allgemeinen nicht übernehmen, wie z.B. in einzelne Module aufgeteilte Kurse und das Ende einer festgelegten Ablaufplanung- Serialisierung (solange das Gesamtpensum erfüllt wird), wird eine Schule mit nur bis zu 100 Lernenden in der Oberstufe, kaum in der Lage sein, mehr als ein oder zwei Bildungswege mit ihrem zur Verfügung stehenden Lehrkörper und den begrenzten Mitteln anzubieten. In diesem Fall werden sich die Schülerinnen und Schüler und deren Familien, die das Gefühl haben, dass die angebotenen Wege ihren Erwartungen nicht entsprechen, nach einer anderen Schule umsehen.

Natürlich gibt es immer Alternativen, schließlich gibt es für jede Schwierigkeit jemanden, der Lösungen verkaufen möchte. Ich denke, es wird nicht lange dauern, bis wir neue Geschäftsmodelle sehen, bei denen modulare Kurse, die das Curriculum vervollständigen, an Schulen verkauft werden. Diese Art der Kooperation wird durch das neue Gesetz über die Auslagerung an Drittanbieter ermöglicht. Bislang wurde diese Form des außerunterrichtlichen Angebots nur für zusätzlichen Schwimm- und Musikunterricht genutzt, doch nun müsste ein formelleres Profil entwickelt werden mit Lehrerkräften (und nicht Trainerinnen und Trainern und Fachleuten aus dem außerschulischen Bereich), mit Lehr- und Speiseplänen, Anwesenheits- und Terminkontrollen, was alles weiterhin unter der Aufsicht durch die Bildungsministerien der Landesregierungen steht, die die bisherige Struktur beibehalten. Wie Sie sich vorstellen können, gibt es noch sehr viele lose Enden.

In diesem Universum der Ungewissheiten und Bedenken gibt es, auch wenn ich im Kern die Reform begrüße, weil ich mich schon immer für die Idee der Wahlfreiheit für Schülerinnen und Schüler eingesetzt habe, noch viele Punkte, die bisher nicht genügend bedacht oder vorausgesehen worden sind.

Ich bedanke mich für den intensiven Gedankenaustausch mit Luciano Egewarth und Marcelo Milani, der für diesen Text der Ausgangspunkt war. Professor Dr. Erik Hörner, Oberstufenkoordinator am Colégio Humboldt

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